Du lebst in einer bunten Welt. Aber was sieht dein Hund? Kann er Farben ebenso gut erkennen wie du, oder ist er vielleicht farbenblind? Kann er Gegenstände in seiner Umgebung gut sehen oder ist er kurzsichtig? Wodurch unterscheidet sich eure Wahrnehmung der Welt?
Das Auge wird nach auĂŸen durch die Cornea, Hornhaut begrenzt. Dahinter befindet sich die Iris, die Pupille, der Glaskörper und die Netzhaut. In der Netzhaut liegen die Stäbchen, die fĂ¼r das Schwarz-WeiĂŸ-Sehen und Bewegungssehen verantwortlich sind. Zusätzlich befinden sich in der Netzhaut Zapfen, die das Sehen von Farben und Details ermöglichen. Eine Besonderheit des Hundeauges ist das Tapetum lucidum. Die Schicht hinter der Netzhaut reflektiert auftreffende Lichtstrahlen auf die Netzhaut und verstärkt so schwache Lichtstrahlen. Du hast sicher schon gesehen, dass die Augen deines Hundes in der Dunkelheit durch das Tapetum lucidum grĂ¼nlich leuchten.
Die Wahrnehmung des Hundes ist perfekt auf seine Lebensweise abgestimmt. Als Jäger ist es fĂ¼r ihn wichtig, Bewegungen der Beute schnell wahrzunehmen und auch in der Dämmerung noch zu sehen. Das Sehen von Farben ist fĂ¼r deinen Hund eher zweitrangig. Er erkennt vor allem Gelb und Blau sehr gut. Rote Farben werden als gelblich wahrgenommen. GrĂ¼n erscheint grau. Dein Hund ist also nicht farbenblind, er kann nur ein geringeres Spektrum an Farben sehen.
Still stehende Objekte, die weiter von deinem Hund entfernt sind, kann er nur verschwommen sehen. Er ist kurzsichtig. Sobald sich ein Gegenstand bewegt, ist er fĂ¼r den Hund gut sichtbar. Fliehende Beutetiere werden auch in weiter Entfernung gesehen. Damit deinem Hund nichts in seiner Umgebung entgeht, verfĂ¼gt er Ă¼ber ein sehr weites Gesichtsfeld. Da die Hundeaugen weit auseinander stehen, kann er 240 Grad abdecken. Das hat fĂ¼r den Hund als Jäger einen groĂŸen Vorteil. Er kann Beutetiere auch aus den Augenwinkeln deutlich wahrnehmen. Durch den groĂŸen Blickwinkel ist allerdings das räumliche Sehen beeinträchtigt. Daher kann dein Hund Entfernungen weniger gut abschätzen als Menschen.
Fahrende Autos können von deinem Hund gut gesehen werden. Befinden Sie sich in einiger Entfernung, erscheinen sie unscharf. Durch das eingeschränkte räumliche Sehvermögen ist dein Hund nicht in der Lage, die Geschwindigkeit der Autos abzuschätzen. Ist er ungesichert, wird er einfach versuchen, die StraĂŸe zu Ă¼berqueren. Es ist sehr wichtig, dass du deinem Hund beibringst, dass er an der Gehsteigkante immer stehen bleibt, bis er den Befehl zum Ăœberqueren der StraĂŸe bekommt.
Räumliches Sehen, also 3D-Sehen, ist nur bei Lebewesen möglich, bei denen sich die Blickfelder des linken und des rechten Auges Ă¼berlappen. Die Augen deines Hundes stehen weit auseinander. Sie sind im Gesicht eher seitwärts angeordnet. Dadurch Ă¼berlappen sich die Bilder des rechten und des linken Auges nur zu einem kleinen Teil. Das gemeinsame Sehfeld beträgt abhängig von der Hunderasse zwischen 30 und 60 Grad. Das räumliche Sehen ist eingeschränkt. Tiefenschärfe wird kaum wahrgenommen. Bei uns beträgt die Ăœberlappung 120 Grad.
Auf der Netzhaut deines Hundes befinden sich wesentlich mehr Stäbchen als auf der Netzhaut der Menschen. Dein Hund kann also schwarz und weiĂŸ, hell und dunkel sehr gut wahrnehmen. In der Dämmerung wird der geringe Lichteinfall in das Auge durch das Tapetum lucidum verstärkt und wieder auf die Stäbchen zurĂ¼ckgestrahlt. Das Auge kann die kleinsten Lichtmengen optimal ausnutzen und am Morgen oder bei einbrechender Dunkelheit Gegenstände gut wahrnehmen. Dieser Umstand hat fĂ¼r Hunde einen groĂŸen Vorteil. Die meisten Beutetiere wagen sich erst in der Dämmerung aus den sicheren Verstecken. Jetzt kann er als Jäger einfacher die Beute erlegen.
Bis zu einer Entfernung von sechs Metern ist dein Hund in der Lage, Gegenstände scharf wahrzunehmen. Nur fĂ¼r einen Vergleich: Du kannst sogar 20 Meter weit scharf sehen. Unbewegte Dinge, die weiter entfernt sind, verschwimmen fĂ¼r den Hund mit der Umgebung. Er ist kurzsichtig. Das war fĂ¼r die Vorfahren deines Hundes, die Wölfe, nicht weiter hinderlich. Nimmt die Beute den Geruch des Jägers wahr, flieht sie instinktiv sofort. Der Wolf muss also nur dem sich bewegenden Gegenstand nach hetzen. Ob er diesen scharf oder verschwommen sieht, hat keinen Einfluss auf den Erfolg einer Jagd.
Dein Hund liebt Versteckspiele. Wenn du dich vor ihm hinter einem Baum versteckst, wird er vor allem mit seiner Nase deiner Geruchsspur folgen. Stehst du ruhig in deinem Versteck, kann er dich nicht sehen. Hilf ihm bei der Suche und bewege die Hände oder wechsel leicht die Position. Dann kann dein Hund auch sein Sehvermögen nutzen, um dich schneller zu finden.
Dein Hund sitzt am Abend neben dir und schaut gespannt in den Fernseher. Du bist dir sicher, dass er die Handlung auf dem Bildschirm genau verfolgt. Aber kann dein Hund mit seinem eingeschränkten Sehvermögen Ă¼berhaupt ein Bild wahrnehmen?
Alte Fernseher besitzen nur eine sehr niedrige Bildfrequenz pro Sekunde. Dein Hund sieht flackernde Bilder, die nacheinander auftauchen. Einen Zusammenhang oder ein durchgehend bewegtes Bild kann er nicht erkennen. Anders ist die Wahrnehmung deines Hundes bei einem modernen HD Fernseher. Hier liegt die Bildfrequenz zwischen 120 und 240 Hertz. Pro Sekunde werden auf dem Bildschirm 75 Bilder abgebildet. Hat dein Hund frĂ¼her nur ein unangenehmes Flackern wahrgenommen, kann er bei der hohen Bildfrequenz ein zusammenhängendes, flĂ¼ssiges Bild sehen. Dein Hund sitzt also nicht nur neben dir, um deine Gesellschaft zu genieĂŸen. Er verfolgt die Vorgänge auf dem Bildschirm genau. In einer Studie konnte 2013 nachgewiesen werden, dass Hunde in der Lage sind, Artgenossen und Menschen auf dem Bildschirm zu erkennen. Da der Geruch zu den Bildern fehlt, ist das Interesse der Hunde allerdings gering.
Erste Untersuchungen Ă¼ber das Farbsehen von Hunden wurden von Prof. Jacobs 1989 an der University of California durchgefĂ¼hrt. Prof. Jacobs konnte schon damals beweisen, dass Hunde bestimmte Farben deutlich erkennen können.
Heute ist bekannt, dass auf der Netzhaut der Hundeaugen nur Zapfen fĂ¼r das Sehen von blau und gelb vorhanden sind. Die Farbe Rot sieht fĂ¼r den Hund gelb aus. Purpur und andere Spektralfarben erscheinen in unterschiedlichen Grauabstufungen. Rot und grĂ¼n sehen gelb aus.
Dein Hund stammt von Wölfen ab. Durch die Domestikation hat sich zwar sein Verhalten, aber nicht sein Sehvermögen verändert. Ein Wolf hetzt seine Beute nicht in der Mittagszeit. Er ist vor allem in der Dämmerung aktiv. In dieser Zeit ist die Sonne bereits untergegangen. Der Blauanteil des Lichtes ist höher. Da der Wolf Blautöne mit seinen Augen gut unterscheiden kann, sind die Umrisse der Beutetiere fĂ¼r ihn deutlich sichtbar. Er kann sofort auf Bewegungen seiner Beute reagieren.
Die meisten Spielzeuge werden so konstruiert, dass sie fĂ¼r Menschen gut sichtbar sind. Wurfspielzeug und Bälle sind rot und gelb gefärbt. FĂ¼r dich heben sie sich deutlich vom Gras ab. Aber fĂ¼r deinen Hund? Ist der Ball einmal auf dem Boden gelandet, bewegt er sich nicht mehr. Rot und grĂ¼n sehen gelb aus. Der Ball ist optimal im Gras getarnt. Dein Hund kann ihn nicht mehr sehen, sondern nur noch deinen Geruch auf dem Ball wahrnehmen. Achte beim Kauf des nächsten Balls darauf, dass dieser eine blaue Farbe hat. Dann kann ihn dein Hund nicht nur riechen, sondern auch gut sehen.
Ă„hnliches gilt beim Agility. Die Tunnel sind rot, weil rot fĂ¼r Menschen eine Signalfarbe ist. FĂ¼r deinen Hund aber nicht. Er kann den Eingang des Tunnels nur sehr schlecht sehen. Läuft er einen Parcours das erste Mal, muss er versuchen, sich mit der Nase zurechtzufinden. Blaue Tunnel und Stangen machen es deinem Hund leichter, den Weg des Agility Parcours zu erkennen. Er wird schneller an sein Ziel gelangen.
Hunde sind bei ihrer Wahrnehmung nicht ausschlieĂŸlich auf ihre Augen angewiesen. Sie besitzen einen hervorragenden Geruchssinn. Mit 220 Millionen Riechzellen ist die Nase des Hundes viel besser ausgestattet als deine Nase. Bevor er einen Gegenstand sieht, hat dein Hund diesen schon Ă¼ber den Geruch erkannt.
FrĂ¼her wurde Hunden eine geringe Denkleistung unterstellt. Forscher behaupteten, dass Hunde nicht einmal in der Lage sind, ihr eigenes Spiegelbild zu erkennen. Das Bewusstsein fĂ¼r ihren Körper wurde den Hunden abgesprochen. Doch das ist nicht so. Hunde erkennen Artgenossen am Geruch und nicht am Aussehen. Wird der Spiegeltest an die Wahrnehmung des Hundes angepasst, ergibt sich ein völlig anderes Bild. Anstelle des Spiegelbildes werden bei dem Versuch Harnmarkierungen verwendet. Auf einmal zeigte sich, dass Hunde sehr gut erkennen können, ob es sich um den eigenen Urin, oder den Urin von Artgenossen handelt. Das Bewusstsein eines Ichs und des eigenen Körpers ist vorhanden.
Hundeaugen sehen zwar schlechter als unsere Augen, dieser Umstand wird aber perfekt durch den besseren Geruchs- und Gehörsinn ausgeglichen.